Forschungsthesen

Das übergreifende Thema meiner Forschung ist der Begriff der Freiheit, den ich in verschiedenen Hinsichten weiter philosophisch verfolge:

  • Praktisch: Moralische Autonomie
  • Theoretisch: Epistemische Autonomie
  • Politisch: Aufklärung und Autonomie

Grundsätzlich nähere ich mich philosophischen Themen – seien sie historischer oder systematischer Natur – von ihren (un)scheinbaren Randbereichen an. Meine Überzeugung besteht darin, dass wir gerade durch solche Rand- und Grenzphänomene Aufschluss über gewichtige philosophische Fragestellungen und Probleme gewinnen können – mehr noch als über die gewohnten Zugangsweisen scheinbar etablierter und selbstverständlicher Positionen.

Solche Rand- und Grenzphänomene sind

  • epistemologisch: das Problem des Irrtums und der Selbsttäuschung sowie der künstlichen Intelligenz
  • ontologisch: das Problem der virtuellen Realität und Nicht-Existenz
  • ethisch: das Problem des Unmoralischen und Bösen, Ethik des Anthropozäns, Ethik der Digitalität
  • historisch: die Denker am Rande des Idealismus (Reinhold, Schiller, Maimon, …)
  • methodisch: Anwendung der Digital Humanities auf die Geschichte der Philosophie

Meine Forschungsgebiete betreffen genauer:

(1) Philosophie der Person
Personen sind Lebewesen, deren Vermögen durch eine spezifische Lebensform so konfiguriert sind, dass dadurch ein biologischer Reduktionismus auf der einen Seite und ein ontologischer Dualismus auf der anderen Seite vermieden werden kann. Die infigurierte Lebensform erlaubt es,  die theoretische und praktisch-normative Einheit der Person konsistent zu denken.

Habilitation “Personale Lebensformen: Identität – Einheit – Würde” (2022)
Sammelband “The Unity of a Person” (Routledge 2021)
Sammelband “Die Natur der Lebensform” (Mentis 2020)
Sammelband “Was sind und wie existieren Personen?” (Mentis 2019)
Artikel “Person” (Online Lexikon Naturphilosophie 2019)

(2) Klassische deutsche Philosophie
Die Klassische deutsche Philosophie lässt sich mit Blick auf die gegenwärtige analytische Philosophie furchtbar rekonstruieren. Hierbei erweisen sich insbesondere ihre Freiheitstheorien von besonderer Bedeutung, insofern diese Willensfreiheit besonders stark denken.

Sammelband “Freiheit nach Kant” (Brill 2019)
Sammelband “Free Will: Historical and Analytic Perspectives” (Palgrave 2021)
Edition “Kants Freiheitsbegriff (1786-1800): Dokumentation einer Debatte” (Meiner 2021)
Edition “Kant’s Early Critics on Freedom of the Will” (CUP 2021)

(3) Philosophie der virtuellen Realität
Virtuelle Realität ist eine Realität eigener Art, die gleichermaßen von Simulation wie Fiktion zu unterscheiden ist, auch wenn sie Momente davon fusioniert.

Blog-Beitrag “Viren und Virtualität” (philosophie.ch)

(4) Philosophie der Digitalität
Digitalität bezeichnet eine spezifische Ontologie der Lebenswelt, die einer eigenen Raum-Zeit-Logik gehorcht und durch Virtualität charakterisiert ist. Sie emergiert auf dem technologischen Phänomen der Digitalisierung und ist nicht ohne Bedeutungsverlust darauf reduzierbar, so wie auch mentale Gehalte nicht ohne Bedeutungsverlust auf die sie erzeugende materielle Grundlage reduziert werden können.

Sammelband “Was ist Digitalität?” (Metzler 2021)
Buch “Philosophie der Digitalität” (Metzler 2022)
Essay “Digitalität: Zur Philosophie der digitalen Lebenswelt” (Schwabe 2022)
YouTube-Vorlesung “Philosophie der Digitalität” (2021/22)

(5) Philosophie des Bösen
Das Böse ist eine reale Manifestation unserer Freiheit, das nicht privativ zu verstehen ist. Das Böse ist nicht unvernünftig, sondern eine Form unserer dialektischen Vernunft, die sich im Phänomen des “Vernünftelns”, d.h. der rationalen Selbsttäuschung, manifestiert: “Das Böse ist nicht dunkel, sondern verdunkelt.”

Buch “Theorien des Bösen” (Junius 2018)
Buch “Gründe des Bösen” (Schwabe 2019)
Sammelband “Über das Böse” (Alber 2019)

(6) Philosophie des Irrtums und der Selbsttäuschung
Im Ausgang von Kants Begriff der Dialektik als “Logik des Scheins” lässt sich ein Begriff des Irrtums entwickeln, der gleichermaßen (i) der Rationalität wie (ii) der Imputabilität der Person gerecht wird. Damit erweist sich ein solcher Begriff des Irrtums auch als grundlegend für eine nicht-privative Theorie des Bösen.

Aufsatz “Logik des Scheins: Kant über theoretische und praktische Selbsttäuschung” (Kant-Studien 2021)

(7) Philosophie der Emotion
Emotionen sind durch ihre integrale Subjektivität und ihre substanzielle Extension von bloßen Gefühlen, Stimmungen und Affekten kategorisch verschieden. Durch ihre komplexe phänomenale, kognitive und motivationale Struktur erlauben es Emotionen insofern, den Leib-Seele-Dualismus zu überwinden.

YouTube-Seminar “Philosophische Emotionstheorien” (2021)

(8) Philosophie der Didaktik – Didaktik der Philosophie
Interdisziplinarität ist nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre möglich und nötig. Jedes Fach hat seine eigene didaktische Methode. Die Lehre lässt sich durch die Integration Neuer Medien lebensweltlich transformieren. Virtuelle Lehre ist genau so real wie physisch-analoge Lehre.

Reihe “Perspektiven der Hochschuldidaktik” (Springer VS)
Sammelband “Methoden in der Hochschullehre” (Springer VS 2019)
Sammelband “Studierendenzentrierte Lehre” (Springer VS 2021)

(9) Digital Humanities und Geschichte der Philosophie
Mithilfe von quantitativen Verfahren der Digital Humanities wie Begriffskonstellationen und Begriffskorrelationen kann ein vorbereitender Zugang zu komplexen Korpora geschaffen werden. Mithilfe von Textvisualisierung lassen sich diese Relationen noch plastischer darstellen. Auf dieser Basis kann dann eine qualitative hermeneutische Analyse erfolgen.

Digital Humanities und praktische Philosophie nach Kant